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Wo Siedlung auf Verkehr trifft – ein Emmer untersucht die Zukunft des Zusammenlebens

5. November 2025
Wie beeinflusst die Lage einer Wohnsiedlung das Mobilitätsverhalten ihrer Bewohnerinnen und Bewohner – und was bedeutet das für die künftige Entwicklung einer Gemeinde? Diese Fragen standen im Zentrum der Masterarbeit von Fadi Nasser, einem jungen Emmer, der dafür mit einem Innovationspreis ausgezeichnet wurde.

Fadi Nasser ist 25 Jahre alt, in Emmen aufgewachsen und arbeitet seit über einem Jahr als Verkehrs- und Raumplaner bei der Gemeindeverwaltung Emmen. «Ich kenne hier praktisch jede Ecke», sagt er. «Wenn man sieht, wie sich eine Gemeinde über Jahre entwickelt, versteht man besser, warum gewisse Dinge so sind, wie sie sind. Das hilft enorm, wenn man sich mit Fragen zur Siedlungs- und Verkehrsplanung beschäftigt.»

Seine berufliche Laufbahn verbindet sich mit einer frühen Neugier für alles, was mit Raum, Infrastruktur und Zusammenleben zu tun hat. «Mich hat schon als Kind fasziniert, wie alles in einer Stadt zusammenspielt – Strassen, Bauten, Strom, Wasser oder der öffentliche Verkehr», erzählt er.

Ein Teil dieser Faszination geht auf seine Herkunft zurück: Die Familie stammt aus dem Libanon, wo die Unterschiede zu Mitteleuropa markant sind. «Die Infrastruktur dort ist das pure Gegenteil von hier – das hat mich früh zum Nachdenken gebracht», erklärt er.

Verkehrszählung mit modernen Methoden
Diese Beobachtungen führten ihn über das Studium zur Raum- und Verkehrsplanung und schliesslich zur Masterarbeit an der Ostschweizer Fachhochschule zum Thema «Abstimmung Siedlungsentwicklung und Verkehr am Fallbeispiel der Gemeinde Emmen LU».

Für seine Untersuchung führte Fadi Nasser eigene Verkehrszählungen bei fünf Wohnüberbauungen in Emmen durch. Zum Einsatz kam ein Zählsystem mit Kamera, Computer und einer Software mit künstlicher Intelligenz, das ihm die Ostschweizer Fachhochschule für die Datenerhebung zur Verfügung stellte.

«Ich wollte wissen, wie viele Fahrten eine Wohnsiedlung tatsächlich erzeugt – und ob die theoretischen Berechnungen mit der Realität übereinstimmen.»

Fadi Nasser, Raum- und Verkehrsplaner

Über sechs Tage hinweg zählte er die Bewegungen im Ein- und Ausgangsverkehr, jeweils von frühmorgens bis spätabends.

Die Ergebnisse überraschten ihn positiv: Die gängigen Schätzungsmethoden erwiesen sich als erstaunlich präzise. «Die berechneten Werte passten insgesamt gut zu den tatsächlich gemessenen Zahlen – auch wenn es vereinzelt Abweichungen gab», sagt er.

Besonders deutlich zeigte sich dabei ein Zusammenhang: Je mehr private Parkplätze eine Siedlung aufweist, desto höher ist das erzeugte Verkehrsaufkommen. Ein Aspekt, der wohl künftig in der Raumplanung stärker berücksichtigt werden dürfte.

Lokal verwurzelt, wissenschaftlich präzise
Die Wahl von Emmen als Untersuchungsgebiet war für Nasser naheliegend. «Ich kenne die Quartiere, die Wege, die Eigenheiten der Gemeinde. Das hilft, Beobachtungen besser einzuordnen.» Seine Arbeit zeigt, wie unterschiedlich sich Siedlungen innerhalb einer Gemeinde entwickeln können – von gut erschlossenen Standorten wie dem Lindenfeldring bis zu ruhigeren Quartieren wie Erlen. Dort wird sichtbar, dass nicht nur Infrastruktur, sondern auch die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten oder Arbeitsplätzen das Mobilitätsverhalten prägt.

Obwohl er während seiner Masterarbeit bereits in der Verwaltung tätig war, entstand die Arbeit unabhängig von seiner beruflichen Funktion. Gleichzeitig profitierte er von der Nähe zu erfahrenen Fachpersonen. «Ich konnte wertvolle fachliche Inputs aus dem Bereich Planung mitnehmen – die Arbeit selbst war aber ein eigenständiges Projekt im Rahmen des Studiums.»

Auszeichnung und Ausblick
Für seine Leistung erhielt Fadi Nasser den MSE-ReLa-Innovationspreis – eine Anerkennung für herausragende Masterarbeiten im Bereich Bau und Planung. «Es steckt unglaublich viel Arbeit darin, Hunderte Stunden. Umso schöner, wenn man dafür eine solche Wertschätzung bekommt», freut er sich. Die Jury lobte insbesondere die mutigen Ergebnisse, den innovativen Einsatz neuer Technologien und die praxisnahe Herangehensweise.

Auch wenn seine Erkenntnisse keine direkten Auswirkungen auf laufende Projekte der Gemeinde haben, schaffen sie eine fundierte Basis für künftige Diskussionen und Überlegungen. «In der Raumplanung geht es immer darum, mit den bestehenden Strukturen zu arbeiten und gleichzeitig Lösungen für die Zukunft zu finden», sagt Nasser. «Wir müssen lernen, Wachstum so zu gestalten, dass es für alle verträglich bleibt – für die Menschen, den Verkehr und die Umwelt.»

Junger Mann mit Auszeichnung auf Dachterrasse
Eine Masterarbeit mit Praxisbezug: Fadi Nasser analysierte Emmer Quartiere und wurde dafür mit einem ­Innovationspreis ausgezeichnet. (Bild: msc)