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Emmen ist Hotspot der Kreativbranche
Offene, helle Räume, Gemeinschaftsplätze und fein platzierte Nischen für den Rückzug. Schweres Gerät und konservierte Handwerkskunst, daneben topmodernes und bestens bestücktes Schaffensequipment. Vor allem aber: Kreativität, die förmlich von den Wänden trieft. Wer durch die neuen Räumlichkeiten der Fachklasse Grafik in der Viscosistadt streift, kann sich der Gewissheit nicht entziehen, dass hier ein fruchtbarer Nährboden für gestalterische Blüten gelegt wurde. Oder in den Worten von Tobias Klauser: «Hier werden Persönlichkeiten geformt.»
Klauser ist der Leiter der Fachklasse Grafik (FG), die seit 144 Jahren Grafikerinnen und Grafiker ausbildet. Bisher tat sie dies in der Luzerner Altstadt. Wegen des schlechten Gebäudezustands drängte sich für die traditionsreiche Bildungsstätte allerdings ein Umzug auf. Die neue Heimat wurde an der Spinnereistrasse in der Viscosistadt gefunden, wo das Einrichten und die Inbetriebnahme der diversen Werkstätten nun abgeschlossen sind.
Kreativstandort Viscosistadt
Im Rahmen einer Medienkonferenz zur offiziellen Eröffnung zeigt sich Christof Spöring, Leiter der kantonalen Dienststelle Berufs- und Weiterbildung, erfreut darüber, dass die altehrwürdige Schule nun den Sprung in die Zukunft gemacht hat und neu in der Viscosistadt zuhause ist. «Es macht Sinn, dass sich die Fachklasse Grafik in der Nähe der HSLU Design & Kunst niedergelassen hat», sagt Spöring. «Der Umzug bietet den Lernenden die Möglichkeit, in einem praxisnahen Setting zu arbeiten – ähnlich einer grossen Kreativagentur. Mit dem Einzug der Fachklasse Grafik wird die Viscosistadt als kreativer Standort gestärkt.»
Brahim Aakti, Emmer Gemeinderat und Direktor Schule und Kultur, pflichtet dem bei und erinnert an die Pionierleistungen, die mit der Produktion von Nylonfäden auf dem früheren Viscose-Areal geleistet wurden. «Heute entsteht hier ein neuer Stadtteil mit Industriecharme, wo Arbeit, Bildung, Kultur und Wohnen Platz finden.» Die Viscosistadt widerspiegle so die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Gemeinde Emmen wie kein anderes Gemeindegebiet. «Und beim Thema Zukunft kann die Bildung nicht weit sein», führt Aakti aus. «Wir sind stolz und dankbar, dass die HSLU Design & Kunst hier eine Heimat gefunden hat. Und wir sind ebenfalls stolz und dankbar, dass nun auch die Fachklasse Grafik vollständig in die Viscosistadt eingezogen ist und diesen Hub der Kreativwirtschaft weiter komplettiert.»
Analog trifft digital
Während des Durchgangs durch die Räumlichkeiten zeigt sich FG-Leiter Tobias Klauser besonders vom Raumkonzept angetan: «Hier bildet sich der Workflow ein Stück weit auch im Grundriss ab, so wie er in der visuellen Kommunikation vorkommt.» Der Ausbau in der Viscosistadt bietet teilweise grosse Flächen, die dank modularer Wände flexibel für verschiedene Settings und Anforderungen nutzbar sind. Maschinen und Werkstationen sind mit Rollen versehen oder stehen auf Paletten, um diese beliebig zu verschieben. Die beiden 3. und 4. Klassen werden zusammen in einem grossen Raum im Sinne einer Grossagentur unterrichtet.
Weiter verweist Klauser auf die Wichtigkeit der analogen Werkstätten. «Viele Fachbegriffe stammen aus der analogen Zeit, haben aber bis in die digitale Welt überdauert.» Der Schule sei es deshalb wichtig, den angehenden Grafikerinnen und Grafikern die Grundlagen und Ursprünge des Berufs praxisnah zu vermitteln – was zumindest seitens der Lernenden kaum scheitern dürfte, würden sich diese doch regelrecht um die Plätze am Siebdrucker und in der Dunkelkammer zur Entwicklung analoger Fotografien reissen. «Sie arbeiten unglaublich gerne analog und verknüpfen alte mit neuen Techniken», erzählt Klauser und fügt schmunzelnd an: «Diese Räume könnten wir problemlos 24/7 belegen.»
Augenschein vor Ort
Und hier schliesst sich der Kreis zum neuen Standort der Fachklasse Grafik auf dem historischen Areal der Viscosistadt, stammt doch das feinmaschige Gewebe für das Siebdruckverfahren mit grosser Wahrscheinlichkeit aus den Produktionsstätten der auf dem Gelände beheimateten Monosuisse. Die Reminiszenz an die Hochblüte des industriellen Schaffens in Emmen zeigt sich auch am ursprünglichen Industriedesign im Gebäude, welches weitestgehend erhalten wurde, etwa in Form der Steinholzböden.
Von der Projektierung bis zum Bezug der neuen Räumlichkeiten dauerte es knapp drei Jahre. Die Planungs- und Baukosten betrugen 2,89 Millionen Franken, die Nutzfläche beläuft sich auf 2700 Quadratmeter – ausreichend Platz also, um der Kreativität ihren Raum zu gewähren.
Zur Eröffnung der Fachklasse Grafik in der Viscosistadt (Spinnereistrasse 5) findet am 18. März 2023 von 10 bis 16 Uhr ein Tag der offenen Tür statt. Weitere Infos dazu finden sich hier.