Haupinhalt

Wenn der rappende Pöstler zweimal klingelt

14. März 2019
Als Postbote liefert er Pakete, als Musiker gute Vibes: Nun kann der Emmenbrücker Rapper EffE einen weiteren Hacken hinter seine musikalische Erfolgs-Checkliste setzen: Sein Song "Benzin" wurde zum besten Luzerner Song 2018 gekürt.

Manchmal nennt er sich selbst den König der Zentralschweiz, zuweilen auch Autotune-Gott oder Meister des Ohrwurms. Wenn der Emmenbrücker Rapper EffE auf derart nonchalant selbstbewusste Weise auftritt, dann allerdings nie ohne ein Zwinkern in den Augen. Ganz so ernst nimmt sich EffE nämlich nicht. Wortwitz, Satire und eine grosse Portion Humor sind seine Waffen, mit denen er sich den Weg durch den musikalischen Dschungel bahnt.

Dass der Musiker, der eigentlich Rafael Graf heisst und seinen Lebensunterhalt als Postbote bestreitet, damit Erfolg hat, dürfte ihm spätestens Anfang 2012 klar geworden sein. Damals veröffentlichte EffE zusammen mit dem Hochdorfer Rapper Baba Uslender den "Baustelle-Song", der regelrecht durch die Decke ging. Es folgen der Einzug in die offiziellen Schweizer Albumcharts und ausverkaufte Konzerte. Die Klickzahlen seiner Musikvideos auf Youtube klettern seither spielend in den sechsstelligen Bereich. Nun ein weiterer Meilenstein: Der 32-jährige Familienvater wurde mit dem Kick-Ass-Award in der Sparte Best Song 2018 ausgezeichnet.

"Benzin" ist der beste Luzerner Song aus dem Jahr 2018.  Ein gutes Gefühl?
Auf jeden Fall. Ein super Gefühl sogar. Seit gut 15 Jahren repräsentiere ich Luzern mit meiner Musik, entsprechend ist es mir eine grosse Ehre, diese Wertschätzung für mein musikalisches Schaffen entgegen nehmen zu dürfen. Die Auszeichnung wirkt ungemein bestätigend, motivierend und verpasst mir einen gehörigen Schub auf dem von mir eingeschlagenen Weg. Und natürlich gab es auch noch ein schönes Preisgeld dazu, wobei ich das eher als willkommenes Supplement betrachte. Im Fokus steht ganz klar die mit der Preisverleihung verbundene Anerkennung für meine Arbeit.

Der Sieg in der Hauptkategorie ist mit 3000 Franken dotiert. Was machst du mit dem Preisgeld?
Ehrlich gesagt weiss ich das gar noch nicht so genau. Wahrscheinlich kommt das Geld meiner Familie zugute. Ich werde in Kürze zum dritten Mal Vater, da wird es ein Leichtes sein, die 3000 Franken sinnvoll zu investieren (lacht).

Worum geht es in dem Song "Benzin"?
"Benzin" ist ein Dancehall-Track ohne substanzielle Botschaft oder tiefgründige Gedanken dahinter, dafür mit viel Autotune-Gesang. Nach meinem Album "Pöstler" aus dem Jahr 2015, bei dem ich unglaublich viel Zeit fürs Schreiben der Texte investiert habe, wollte ich wieder etwas Leichtverdauliches veröffentlichen. Ich wollte einfach Songs raushauen, ohne mir lange den Kopf darüber zu zerbrechen, welche Botschaft ich damit wie vermitteln möchte. Wenn "Benzin" aber eine Geschichte erzählt, dann davon, wie man zusammen mit seinen Freunden auf etwas hinarbeitet und Ziele gemeinsam mit dem Team erreicht. Wie man vorwärtskommt, aber immer wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt.

An einer Stelle heisst es: "Weisch ich goh wit doch chum emmer weder zrug / Straight 041 Lozärn Emmebrogg." Welche Beziehung hast du zu Emmenbrücke?
Ich lebe seit gut zehn Jahren in «Emmenbronx» und fühle mich hier zusammen mit meiner Familie sehr wohl. Meine älteste Tochter geht hier zur Schule und wir haben definitiv nicht vor, in absehbarer Zeit von hier wegzuziehen. Ich mag die zentrale Lage und das kleinstädtische Ambiente, das die Gemeinde verströmt. Für mich ist Emmenbrücke eine kleine Stadt, die alles bietet, was man braucht. Nur die Steuern könnten etwas tiefer sein.

In welcher musikalischen Schublade steckt EffE?
Das übergeordnete Hauptfach ist ganz klar mit Hip Hop und Rap etikettiert. Von da aus bewege ich mich stilistisch allerdings mehrgleisig. Ich höre und mache beispielsweise immer schon Dancehall, Reggaeton und Afrotrap oder schreibe auch mal Popsongs für andere Künstler. Grundsätzlich mache ich immer nur das, wohinter ich voll und ganz stehen kann. Ich bin nie irgendeinem Hype hinterhergerannt und werde das auch nicht tun. Authentizität ist mir wichtig, ich mag mich nicht verbiegen.

Was möchtest du mit deiner Musik vermitteln?
Das ist unterschiedlich. Beim Album "Pöstler" geht es mir schon darum, den Leuten tiefgründige Inhalte mitzuteilen. Das gilt auch für einzelne Songs, wie etwa "Tanz för mech", der von sexueller Ausbeutung handelt, ober "Du bisch Willkomme", der sich kritisch mit den Themen Einwanderung, Integration und Multikulturalität auseinandersetzt. Andererseits möchte ich mit meiner Musik auch einfach unterhalten, ganz ohne politisches Statement schlicht für gute Vibes und ausgelassene Stimmung sorgen, wie zum Beispiel mit "Benzin". Prinzipiell kommen die seichteren Sachen beim Publikum besser an.

Mit dem "Baustelle-Song" hattest du deinen Durchbruch – ein parodistischer Song mit viel Wortwitz und Humor. Wie hast du es mit der Selbstironie?
Was die Musik anbelangt, bin ich voll und ganz der Selbstironiker. Ich wähle bewusst den Weg über die Parodie und bin auch mal provokativ. Aber ich bin ja nicht nur Musiker, sondern auch Pöstler und Familienvater. Zumindest da kommt eine gewisse Ernsthaftigkeit nicht zu kurz. Als Pöstler und Familienvater kannst du nicht ständig selbstironisch durchs Leben gehen.

Woher kommt die Inspiration für deine Texte?
Meistens während der Arbeit, wenn ich mit dem Auto auf meinen Routen unterwegs bin. Als Postbote kommst du weit herum, meine Lieblingstour führt mich bis nach Hasliberg. Unterwegs hast du jede Mengen Zeit, um deinen Gedanken nachzuhängen, du siehst natürlich einiges und hast viele Begegnungen, was durchaus inspirierendes Potential in sich birgt. Manchmal reicht aber auch schon ein Song im Radio, der als Impulsgeber für eine neue Idee wirkt.

Letztes Jahr bist du am Openair Frauenfeld aufgetreten, dem grössten Hip Hop-Festival Europas. Wie war's?
Das war richtig geil. Eine verdammt coole Erfahrung. Wir spielten am Eröffnungstag. Zuerst hatte ich Angst, dass wir vor leeren Rängen spielen. Diese Befürchtung war aber völlig unbegründet, weil die Leute massenweise gekommen und total abgegangen sind. Ich stehe gerne auf der Bühne, noch lieber allerdings bin ich im Studio. Die Nervosität vor den Auftritten macht mich manchmal schon fertig.

Wie viel von EffE steckt in Rafael Graf?
100 Prozent.

Fühlst du dich als Künstler?
Nein, nicht unbedingt. Ich fühle mich eher als Büezer (lacht). Wenn ich von der Musik leben könnte, dann würde ich mich wohl als Künstler fühlen und auch als solchen bezeichnen. Die Musik ist für mich eine Leidenschaft, die mich schon mein halbes Leben lang begleitet. Dass ich mit meiner Passion auf Anklang stosse, ist natürlich umso erfreulicher. Als Künstler aber würde ich mich nicht bezeichnen, dann eher noch als Musiker.

Wie wichtig ist dir Erfolg?
Erfolg ist mir insofern wichtig, als er stark mit Motivation zusammenhängt. Erfolg pusht. Wenn du mal Erfolg hattest, möchtest du daran anknüpfen. Mein muskalischer Erfolg sorgt dafür, dass ich meine Sachen weiterhin veröffentliche. Hätte ich keinen Erfolg, würde ich sicher nicht damit aufhören, Musik zu machen. Aber veröffentlichen würde ich diese nicht mehr.

Was darf man in Zukunft von EffE erwarten?
Zurzeit sind wir an einer neuen Single dran und es wird sicherlich hie und da ein Track von mir auftauchen. Ganz grundsätzlich aber wird man dieses Jahr in musikalischer Hinsicht nicht allzu viel von mir hören. Meine Familie hat Vorrang und ich möchte mich auf mein drittes Kind konzentrieren.

Mehr Infos zu EffE und seinem musikalischen Schaffen finden Sie unter www.effesinpage.ch, auf Facebook, Youtube und Instagram.

EffE
Der 32-jährige Rafael Graf alias EffE wurde mit dem Kick-Ass-Award in der Sparte Best Song 2018 ausgezeichnet (Bild: Tino Scherer)
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