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Biber gestalten Emmer Fliessgewässer naturnaher

2. Dezember 2023
Nagespuren an Baumstämmen, abgenagte Äste, umgestürzte Bäume – Spuren von Bibern sind an Emmer Fliessgewässern häufig zu sehen. Die gestalterischen Aktivitäten des Nagetiers nützen der Natur, können aber auch zu Konflikten führen.

Nachdem der Biber bis ins 19. Jahrhundert wegen seines Fleisches und des warmen Fells in der Schweiz stark bejagt und schliesslich ausgerottet wurde, nimmt sein Bestand seit der Wiederansiedlung ab 1956 wieder zu. In Emmen wurden die ersten Biberspuren 2001 entdeckt. Im Winter 2022 lebten auf dem Gemeindegebiet bereits wieder 21 Biber. An der Reuss haben zwei und im unteren Teil des Rotbachs eine Biberfamilie ein Revier in Besitz genommen. Bei der Kleinen Emme sowie beim Rotbach, Waldibach und Spiribächli leben zusätzlich je ein bis zwei Biber in einem Revier. Der Bestand wird in den nächsten Jahren womöglich noch zunehmen, allerdings ist ein grosser Teil der geeigneten Gewässerabschnitte bereits von Bibern besiedelt.

Biber sind auch im Winter aktiv
Am Tag sind Biber selten zu sehen. Dann ruhen sie in einem Erdbau in der Uferböschung. Aktiv sind sie in der Nacht. Da Biber keinen Winterschlaf machen, sind sie auch in der kalten Jahreszeit unterwegs. Im Sommer fressen Biber Pflanzen im und um das Wasser. Über 300 Pflanzenarten stehen auf ihrem Speiseplan. Im Winter ernähren sie sich von Rinden und Knospen. Da sie nicht klettern können, fällen sie dann die Bäume, um an die Äste zu kommen. Das Holz verwenden sie für den Bau ihrer Burgen und Dämme.

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Biber verändern Bach- und Flusslandschaften nach ihren Bedürfnissen
Die Fähigkeit der Biber, den eigenen Lebensraum zu optimieren, ist einzigartig im Tierreich. Sie graben Erdbaue, errichten Burgen und fällen Bäume. Mit Dämmen stauen sie das Gewässer, um zu ihrem Schutz die Zugänge zu ihren Bauten unter Wasser zu setzen.

Die gestalterischen Tätigkeiten der Biber haben auch positive Nebeneffekte für die Natur und den Wasserhaushalt. So machen Biber eine Gewässerlandschaft vielfältiger und schaffen neue Lebensräume für Wasserpflanzen, Fische, Insekten, Amphibien und Vögel. Der Rückstau durch Dämme fördert den Austausch zwischen Bach- und Grundwasser, sodass sich das Bachwasser teilweise in heissen Sommern weniger erwärmt. Zudem werden Abflussspitzen bei Hochwasser gedämpft sowie die Selbstreinigung des Gewässers und die Grundwasserqualität verbessert.

Bei Gewässerrevitalisierungen, zum Beispiel im Rahmen von Hochwasserschutzprojekten, erhalten auch Biber mehr Platz und tragen ihrerseits langfristig zum besseren Wasserrückhalt und einer höheren Artenvielfalt bei. An kleineren Gewässern können Biber, wenn man ihnen ihren Platz zugesteht, die Revitalisierung unterstützen und damit der öffentlichen Hand Planungs- und Umsetzungskosten ersparen.

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Wo Biber aktiv sind, können auch Konflikte entstehen
Konflikte entstehen häufig dort, wo einem Gewässer nicht ausreichend Raum zur Verfügung steht. Viele Biberschäden lassen sich jedoch mit einfachen Mitteln vermeiden, zum Beispiel mit Drahtgittern zum Schutz von Bäumen oder durch Abzäunen von landwirtschaftlichen Kulturen. Anspruchsvoller wird es, wenn Biber Strassen oder Wege untergraben oder mit Dämmen Ackerland und Infrastrukturen fluten.

Da Biber und ihre Bauten geschützt sind, ist es nicht erlaubt, in den Lebensraum von Bibern einzugreifen. Ausnahmen sind möglich, wenn ein übergeordnetes öffentliches Interesse besteht oder grosse Schäden drohen, beispielsweise, wenn Biberdämme die Hochwassersicherheit gefährden und ein grosses Schadenpotenzial besteht. Auch wenn landwirtschaftliche Kulturen gefährdet sind, können unter Umständen Eingriffe ermöglicht werden. Es braucht aber vor jedem Eingriff eine Interessenabwägung durch den Kanton. Eine pragmatische und günstige Lösung wurde letzten Sommer an der Reuss umgesetzt, wo Biber den Planetenweg untergraben und instabil gemacht haben. Anstatt den Wanderweg aufwendig zu stabilisieren, wurde er auf rund 100 Metern etwa 10 bis 15 Meter weiter weg vom Ufer versetzt. So hat der Biber nun genügend Platz zur freien Gestaltung und der Wanderweg bleibt von den Aktivitäten der Biber verschont. Eine echte Win-win-Situation.

Wie lassen sich Biber beobachten?

Biber sind nachtaktiv. Man trifft sie deshalb nur am frühen Morgen oder am Abend an. Da sie das ganze Jahr über zwischen 19 und 21 Uhr aus dem Bau kommen, sind sie an Som- merabenden relativ einfach zu beobachten. Um die Chancen zu erhöhen, kann man sich still an einem Flussufer mit Biberspuren postieren. Noch einfacher ist es, Spuren ihrer Aktivitäten zu finden. Angenagte Bäume, Frassplätze mit geschälten Ästen, Biberpfade oder Dämme sind an Bibergewässern zahlreich und leicht zu entdecken.

Biber
Die Fähigkeit der Biber, den eigenen Lebensraum zu optimieren, ist einzigartig im Tierreich. (Bild: Roman Willi)