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Velo-Enthusiasten kapern Viscosi-Areal

3. September 2022
Hunderte Velokurierinnen und -kuriere aus der ganzen Schweiz pilgern Ende September 2022 nach Emmen, um die Besten unter sich zu küren. Der publikumswirksame Anlass in der Viscosistadt verspricht Geschwindigkeit und Spektakel – und obendrein einen guten Schuss «Freak-Show».

Getan haben es wohl die meisten von uns – oder tun es noch. Bevorzugt auf einer tendenziell talwärts gerichteten Strecke, volle Pulle in die Pedale getreten und bei Höchstgeschwindigkeit die Hinterbremse bis zum Anschlag gezogen. Balancieren! Es folgen Sekunden pneumatisch-schwebender Glückseligkeit. Dann der erwartungsvolle Blick zurück: Wie lange ist er wohl geworden, der schwarze «Schlirg» am Boden? Fünfzehn Meter vielleicht? Zwanzig? Womöglich dreissig?

Gar nicht mal so schlecht. Für Rainer Affolter allerdings ein Klacks. Wenn’s gut läuft, lässt er das blockierte Hinterrad bis zu 80 Meter weit über den Asphalt schlittern. «Der Trick dabei ist, das Gewicht nach vorne zu verlagern, um den Widerstand des Hinterrades so weit wie möglich zu verringern», verrät der 35-jährige Luzerner.

Affolter geniesst den Vorteil der Erfahrung. Nicht nur ist er seit zehn Jahren hauptberuflich als Fahrer bei der Velokurier Luzern Zug AG tätig, auch nimmt er regelmässig an den Suisse Cycle Messenger Championships (SuiCMC) teil, den jährlich stattfindenden Berufsmeisterschaften der Velokurierinnen und -kuriere, an denen sich seinesgleichen in unterschiedlichen Disziplinen messen – unter anderem beim «Skid», bei dem die längste Bremsstrecke gewinnt.

Viscosistadt im Lichtkegel
Nach 14 Jahren findet die Velokurier-Meisterschaft nun wieder in Luzern statt (vgl. Kasten). Dass dabei mit dem Mainrace die Hauptdisziplin auf dem Gelände der Viscosistadt durchgeführt wird, lässt die Veranstalter besonders frohlocken. «Das Viscosi-Areal ist prädestiniert», sagt Rainer Affolter, der heuer nicht am Rennen teilnimmt, dafür als Co-Präsident im OK sitzt. «Urban, industriell, mit der Kleinen Emme und dem Emmenpark zugleich naturnah. Kieswege, Asphalt, Treppen, Parkhäuser und verwinkelte Gassen liefern uns die Ingredienzen für einen unvergleichlichen Kurs. Die Lage ist schlicht einmalig.»

Beim Hauptrennen wird der Alltag von Velokurierinnen und -kurieren simuliert. Die Teilnehmenden müssen mehrere Checkpoints anfahren und bekommen verschiedene Aufgaben mit auf den Weg. Die Reihenfolge der Aufträge ist offen. Ziel ist es, die Sendungen möglichst schnell auszuliefern. Allerdings herrscht striktes Einbahnregime. Da sind Taktik und Übersicht ebenso verlangt wie Geschicklichkeit und Tempo. Wer schlecht kombiniert, macht Umwege.

Sportsgeist trifft auf Velo(volks-)fest
Rund 350 Fahrerinnen und Fahrer werden am Hauptrennen teilnehmen und um die etwa 50 Finalplätze kämpfen. Nebst dem sportlichen Wettkampf stünde vor allem der Austausch innerhalb der Community sowie mit Interessierten im Fokus der SuiCMC, erklärt Affolter. Und: «Wir organisieren einen Event, der nicht nur für Fairness, Ökologie und Effizienz steht, sondern ebenso für Style und Kultur im öffentlichen Raum. Das Fahrrad ist längst nicht mehr blosses Fortbewegungsmittel. Es ist Liebhaberstück und Statussymbol.»

Dem Publikum würde denn auch eine kleine «Freak-Show» von und mit absoluten Velo-Enthusiasten dargeboten, deren Fahrräder eigentliche Kunstwerke darstellten, verspricht OK-Mitglied Affolter und ergänzt: «Man darf spannende Persönlichkeiten mit ausgeprägten Velo-Fähigkeiten bestaunen. Dies in einem abwechslungsreichen Setting mit anspruchsvollem Parcours, mannigfaltigen Nebendisziplinen, ergänzt durch ein Rahmenprogramm mit Musik und Festwirtschaft.»

Ganz nehmen lässt sich Rainer Affolter die Teilnahme an der SuiCMC 2022 indes nicht. Der Fairness halber vom Mainrace ausgeschlossen, nimmt er die Nebenevents in den Blick. «Im vergangenen Jahr erreichte ich in der Disziplin Skid den zweiten Platz. Daran versuche ich anzuknüpfen.» Der Vorteil: Im Gegensatz zum Hauptrennen können die Nebendisziplinen gezielt trainiert werden. «Bei der Bremsspur-Challenge ist zudem das Teilnehmerfeld nicht so gross», sagt Affolter schmunzelnd. «Die Chancen auf einen Podestplatz sind dadurch höher.»

SuiCMC LU 2022
Die Berufsmeisterschaften der Velokurier*innen finden vom 23. bis 25. September 2022 statt. Die Nebendisziplinen werden in der Stadt Luzern (Freigleis, Hochbühlstrasse) gefahren. Das Mainrace als Hauptdisziplin (Qualifikation und Finale) geht auf einem abgesperrten Rennkurs in der Viscosistadt in Emmenbrücke am Sonntag, 25. September 2022, über die Bühne. Der Event ist öffentlich zugänglich. Genaueres zum Programm findest du unter suicmc2022.ch/programm.

Rainer Affolter
Verspricht Spannung und Show zwischen den Industriegebäuden in der Viscosistadt: Rainer Affolter, Mit-Organisator der Velokurier-Berufsmeisterschaft 2022. (Bild: pbu)