19. Mai 2023
Auch wenn eine Mehrheit des Parlaments die Dringlichkeit von Massnahmen auf kommunaler Ebene gegen den Klimawandel anerkennt, können die ambitionierten Forderungen der SP im Einwohnerrat nicht vollumfänglich überzeugen. Unwirksam, unrealistisch und nicht umsetzbar sei das Vorhaben, monieren die bürgerlichen Parteien. Das Postulat zur Ausarbeitung einer Emmer Klimastrategie wird trotzdem überwiesen – allerdings in abgeschwächter Form.

«Um die Klimaerwärmung wirksam zu bekämpfen und den CO2-Ausstoss in den Griff zu bekommen, müssen alle Regionen und Gemeinden einen Beitrag leisten», erklärt SP-Einwohnerrat Jonas Ineichen im Rahmen der Parlamentssitzung vom 16. Mai 2023. Mittels Postulat (47/22) fordern die Sozialdemokraten den Gemeinderat dazu auf, in einem Planungsbericht aufzuzeigen, wie die Gemeinde Emmen in den kommenden Jahren den Folgen des Klimawandels begegnen will.

Die Zielsetzungen im Vorstoss sind durchaus ambitioniert: So sollen bis 2040 diverse Massnahmen umgesetzt werden, wie die Erreichung einer 2000-Watt Gesellschaft, die Reduktion von energiebedingten Treibhausgasen auf null Tonnen sowie die Vorgabe, dass sämtliche auf dem Gemeindegebiet immatrikulierten Fahrzeuge ausschliesslich mit erneuerbarer Energie angetrieben werden. Anders als der Bund, welcher seine Klimaziele bis 2050 umgesetzt haben möchte, sollen also in der Gemeinde Emmen bereits zehn Jahre zuvor wichtige Meilensteine erreicht sein.

Herausforderung für die Gemeinde
Der Gemeinderat anerkennt in seiner Beantwortung die Forderungen der SP und ist bereit, mit Entgegennahme des Postulats eine ganzheitliche Klima- und Energiestrategie mit konkreten Umsetzungsmassnahmen auszuarbeiten. Im Einwohnerrat stösst das Vorhaben hingegen nicht nur auf Wohlwollen. Insbesondere die SVP kann dem Vorstoss nicht viel abgewinnen und verlangt als einzige Fraktion die Ablehnung des Postulates. Man sei sich zwar einig, «dass etwas gegen den Klimawandel gemacht werden muss.» Jedoch sei «die Schweiz nicht vergleichbar mit Russland, China oder den USA», so SVP-Einwohnerrat Markus Greter. «Dort müsste man zuerst mit Klimaschutz beginnen.»

Die FDP sei sich den Herausforderungen des Klimawandels bewusst und unterstütze grundsätzlich Massnahmen, um den Folgen begegnen zu können. Jedoch seien die im Postulat bis 2040 geforderten Ziele nicht realistisch und würden den Bewohnerinnen und Bewohnern hohe Kosten verursachen, so Fraktionsmitglied Oliver Blaser. Zudem seien Forderungen, welche in die Persönlichkeitsrechte der Bevölkerung eingreifen, abzulehnen. Die FDP möchte das Postulat überweisen, fordert aber «realistische Massnahmen».

Gemeindepräsidentin Ramona Gut betont in ihrer Stellungnahme zum Votum der SVP, dass das Postulat eine Prüfung verschiedener Anliegen sowie die Erstellung einer Strategie bezwecke. «Eine Überweisung des Postulats ist nicht zu verwechseln mit einer Zustimmung zu sämtlichen geforderten Massnahmen.» Vielmehr sei das Ziel des Gemeinderates, auf Basis einer Ist-Analyse mögliche Massnahmen zu prüfen und eine Strategie zu formulieren. «Der Einwohnerrat hat dann erneut die Möglichkeit, auf die gewählten Massnahmen Einfluss zu nehmen», erklärt Gemeindepräsidentin Gut.

Mitte argumentiert für teilweise Überweisung
Die Mitte möchte das Postulat trotzdem nur teilweise überweisen. Man sei sich zwar einig, dass es eine «ambitionierte, wirksam und zielführende» Klimastrategie brauche. Gewisse Massnahmen seien jedoch der falsche Ansatz und «nicht auf unserer Flughöhe» angesetzt, meint Christian Meister. Damit zielt der Mitte-Politiker auf gewisse Forderungen im SP-Vorstoss, die sich nicht auf Gemeindeebene umsetzen liessen, zum Beispiel das Verbot von Fahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren: «Die Zuständigkeiten für Fahrzeug-Zulassungen liegen beim Bund, da können wir als Gemeinde gar nicht mitdiskutieren», sagt Meister.

Zudem solle der Fokus nicht nur auf Netto-Null gelegt werden. Auch andere spürbare Folgen wie Starkregen oder Hitzewellen sollen wirksam bekämpft werden, etwa durch Optimierung der Infrastruktur oder mit mehr begrünten Zonen statt zubetonierter Flächen.

«Jede und jeder ist gefragt»
«Es ist unerklärlich, wie man im Jahr 2023 die Auswirkungen des Klimawandels und weltweite Veränderungen nicht ernst nehmen möchte», fasst Jonas Ineichen von der SP-Fraktion sein Unverständnis für gewisse Statements aus dem Einwohnerrat abschliessend zusammen. Auch die Gemeinde Emmen werde in Zukunft unter diesen Veränderungen leiden. Deshalb sei es umso wichtiger, die im Postulat geforderten Massnahmen sowie das Netto-Null-Ziel ernst zu nehmen und entsprechende Strategien zu verabschieden.

«Jede und jeder stösst CO2 aus», sagt Ineichen. «Somit ist auch jede und jeder gefordert, einen Beitrag gegen diese Veränderungen zu leisten, damit Emmen auch in Zukunft ein lebenswerter Ort bleibt.» In der Schlussabstimmung folgt die Ratsmehrheit indessen dem Antrag der Mitte und votiert mit 26 zu 12 Stimmen für die teilweise Überweisung des Postulats. Man ist sich zwar mehrheitlich einig über die Dringlichkeit einer ganzheitlichen Klima- und Energiestrategie für die Gemeinde Emmen – ein Verbot von konventionell angetriebenen Fahrzeugen, die Verhinderung von Leersanierungen oder das Sprechen von Fördergeldern seien aber nicht Sache der Gemeinde. Die geforderten Massnahmen sollen deshalb «kategorisiert und priorisiert» werden, um mit einem gezielten Einsatz finanzieller Ressourcen eine möglichst grosse Wirkung zu erzielen.

Schlussabstimmung zum Vorstoss der SP für eine ganzheitliche Klima- und Energiestrategie.
In der Schlussabstimmung folgt die Ratsmehrheit dem Antrag der Mitte und votiert mit 26 zu 12 Stimmen für die teilweise Überweisung des Postulats. (Bild: Gemeinde Emmen)