Gemeinde Emmen
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Meterhoch ragen sie in den Himmel, die neuen Silos ganz am hinteren Ende der ARA Buholz. Doch die wahren Stars sind unscheinbar: Kohleteilchen, die mittels zweier schmaler Röhren vom Lastwagen in die Silos gepumpt werden. Diese Aktivkohle bildet den Kern der neuen Ergänzung der Abwasserreinigungsanlage in Emmen. Seit diesem Sommer verfügt die Anlage des Gemeindeverbands Real über eine vierte Reinigungsstufe und eliminiert mit dieser Mikroverunreinigungen im Abwasser.
Unsichtbar, aber wirkungsvoll entfernt
«Nach der Optimierung der Anlage werden wir jährlich rund 300 bis 350 Tonnen Aktivkohle einsetzen», erklärt Bernhard Büchler, Betriebsleiter der ARA. «Diese bindet unter anderem Medikamentenrückstände, Pestizide, Biozide und hormonaktive Substanzen.» Wie schon bisher und doch eindrücklich: Am Ende kommt strahlend klares Wasser aus der Anlage, das wieder in die Reuss zurückfliesst.
Die ARA Buholz reinigt seit 1974 das Abwasser von heute rund 217 000 Einwohnerinnen und Einwohnern der Region Luzern und jenes von unzähligen Betrieben. Mit der neuen EMV-Anlage (Elimination von Mikroverunreinigungen) gehört Emmen zu den schweizweit führenden Standorten beim Gewässerschutz. «Wir sind in der Schweiz die bisher grösste Anlage mit dem Verfahren von Aktivkohle im Schwebebett», sagt Büchler nicht ohne Stolz. Kein Wunder, dass neben Schulklassen inzwischen auch Fachleute aus anderen Regionen die Anlage besichtigen.
«Nur weil es im Abfluss verschwindet, sollte es nicht aus dem Bewusstsein verschwinden.»
Die Investitionskosten von rund 30 Millionen Franken wurden zu 75 Prozent von einem nationalen Fonds getragen, in den Abwasserverbände über Jahre hinweg pro Kopf Beiträge eingezahlt haben.
Dass in Emmen gebaut werden konnte, war jedoch nicht selbstverständlich. Ein Teil des Bodens musste umgezont werden. Der Einwohnerrat sprach sich im Sommer 2022 dafür aus, Einsprachen blieben aus. Die benötigte Waldfläche wird in Buchrain wieder aufgeforstet. Im August 2023 erfolgte der Spatenstich und Ende Juni 2025 wurde erstmals Abwasser durch die neue Stufe geleitet.
Neben der technischen Leistung beeindruckt die Anlage auch ökologisch. Eine Photovoltaikanlage sowie zwei Turbinen erzeugen jährlich über 410 000 Kilowattstunden Strom, was dem Verbrauch von rund 100 Haushalten entspricht. Damit wird ein Drittel des Energiebedarfs der neuen Reinigungsstufe gedeckt.
Abwasser als Spiegel der Gesellschaft
Doch die Arbeit bleibt anspruchsvoll. «Die Gewitter sind häufiger geworden, nicht nur im Sommer, sondern zu allen Jahreszeiten», sagt Büchler mit Blick auf den Klimawandel. Auch das Verhalten der Bevölkerung spielt eine Rolle: «Wenn Öl oder Feuchttücher im Abwasser landen, verschmutzen und verstopfen sie Leitungen, was zusätzlichen Aufwand bedeutet.»
Büchler ergänzt: «Die Wertschätzung für sauberes Wasser ist in meinem Umfeld hoch. Trotzdem ist vielen nicht bewusst, was mit dem passiert, das man einfach wegspült. Nur weil es im Abfluss verschwindet, sollte es nicht aus dem Bewusstsein verschwinden.»
Dass Abwasser viel über eine Gesellschaft verrät, erlebte Büchler in der Coronazeit besonders deutlich. «Die Analysen im Abwasser haben uns sehr viel über die Verbreitung von Corona in der Bevölkerung gezeigt.» Nebst Krankheitserregern wird das Abwasser zurzeit auch auf Medikamenten- und Drogenrückstände untersucht. Für die Zukunft sieht Büchler zusätzliche gesetzliche Anforderungen, Mikroplastik, antibiotikaresistente Keime sowie Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) als mögliche Herausforderungen. Derweil wächst die Bevölkerung von Emmen stetig, womit auch die Schmutzfracht, welche die ARA zu bewältigen hat, steigt.
Vor 20 Jahren war Biogas die Innovation
Parallel dazu feiert der Gemeindeverband Real das 20-jährige Jubiläum der Klärgasaufbereitungsanlage in Emmen. 2005 als Schweizer Pionierprojekt in Betrieb genommen, nutzt sie das Gas, das bei der Vergärung des Klärschlamms entsteht. Dieses wird so aufbereitet, dass es in Erdgasqualität vorliegt und direkt ins Netz eingespeist werden kann. Pro Jahr entstehen rund eine halbe Million Kubikmeter Biogas, was etwa 610 000 Litern Benzin entspricht.
Gemeinderat Andreas Roos, Direktor Bau und Umwelt, lässt seinen Blick über die gesamte Anlage schweifen und betont die lokale Verantwortung: «Ich bin sehr stolz auf das saubere Trinkwasser, das wir in Emmen in hervorragender Qualität für die ganze Region gewinnen. Deshalb stellen wir auch gerne die Fläche zur Verfügung, damit das Wasser bestmöglich gereinigt zurück in den Kreislauf gelangen kann.»